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Über den digitalen Euro sowie das Bargeld wird immer wieder heiß diskutiert. Viele sehen im digitalen Euro ein weiteres Instrument der Überwachung durch die Europäische Zentralbank und zugleich den Niedergang des Bargeldes. Hier dazu die Einordnung mit Fakten und auch ein Blick über den Tellerrand hinaus.
Wisst Ihr eigentlich was ein eNaira ist? Nein? Es ist das digitale Zentralbankgeld in Nigeria, das dort 2021 eingeführt wurde. Was geht mich das etwas an, was fernab in Nigeria passiert, wird wohl mancher sagen. Doch Nigeria ist immerhin eines der ersten Länder weltweit, das flächendeckend Zentralbankgeld (CBDCs oder Central Bank Digital Currency) implementiert hat und nun blickt die ganze Welt auf das ostafrikanische Land, um zu sehen, wie die Bevölkerung den eNaira aufnimmt. Denn mehr als 100 Länder arbeiten gerade daran, eine CBDCs auf den Markt zu bringen. Auch Europa bzw. die Euro-Zone.
Das ist mit ein Grund, weswegen die Aufregung um das Bargeld in Österreich im Sommer 2023 besonders groß war. Denn die Europäische Kommission hat noch kurz vor dem Sommer einen Entwurf für einen digitalen Euro präsentiert. Und nun fürchten offenbar manch heimische Politiker, dass der digitale Euro das von den Österreichern heiß geliebte Bargeld ersetzen könnte. Auch Bundeskanzler Karl Nehammer, der das Bargeld sogar in die Verfassung schreiben möchte.
Aber zurück zu den Fakten. Die Österreicher lieben ihr Bargeld und zwar mehr als andere EU-Bürger. Das macht eine im letzten Jahr von der Europäischen Zentralbank durchgeführte Studie mehr als klar:
Darin gaben 43 Prozent der Österreicher an, dass ihnen Cash als Zahlungsmittel sehr wichtig sei. Mit diesem Wert liegt Österreich Euro-Zonen-weit an der Spitze. Auf Platz zwei folgt übrigens Deutschland mit 39 Prozent. Auch bei der Frage nach dem bevorzugten Zahlungsmittel hat Österreich mit 45 Prozent Cash die Nase vorn. Lediglich 36 Prozent haben sich für bargeldlose Zahlungen ausgesprochen. Am anderen Ende des Spektrums liegt Finnland mit 7 (!) Prozent Cash und 83 Prozent bargeldlosen Zahlungsmitteln. Und anders als in vielen anderen europäischen Ländern hat diese Zuneigung zur Barzahlung in den letzten drei Jahren in Österreich sogar noch zugenommen. Deshalb ist wohl auch die Angst hierzulande besonders groß davor, Bargeld für immer zu verlieren.
Das Bargeld für immer loszuwerden, ist weder für die EZB noch für die Europäische Kommission ein Motiv, den digitalen Euro einzuführen. Das haben Vertreter beider Behörden wiederholt klargestellt. In dem Entwurf vom Juni wird Bargeld eigens gesetzlich gestärkt. Der eigentliche Grund, warum Europa nun so fieberhaft an einer Digitalwährung arbeitet, ist ein anderer: Angst. Vor allem die Zentralbanker haben Angst davor, dass der Euro als Zahlungsmittel irgendwann ausgesorgt hat. Und sie damit auch ihre Macht verlieren. Mit der zunehmenden Digitalisierung von Zahlungen weltweit nimmt auch der Einsatz von elektronischen Kartenzahlungen, Banking-Apps aber auch Krypto-Währungen zu. Die EZB will dieses digitale Feld nun nicht vorwiegend nicht-europäischen, privaten Anbietern überlassen.
Wie aber soll dieser digitale Euro nun aussehen? Die unbefriedigende Antwort: Ganz genau weiß man das noch nicht. Er soll aber wie das Bargeld für Kunden gratis sein. Die Verteilung soll durch Geschäftsbanken erfolgen und den Handel soll eine weitgehende Annahmepflicht des E-Euros treffen. Völlige Anonymität, wie aktuell noch bei Krypto-Währungen der Fall, wird es beim digitalen Euro nicht geben, weil man sich bei der Distribution bei den Banken registrieren lassen muss. Was man danach mit seinem Geld macht, soll weitgehend der Privatsphäre unterliegen, verspricht die EZB. Also die Vorstellung mancher Kritiker, die EZB wisse nun über alle Einkäufe der EU-Bürger Bescheid und könne diese auch überwachen, ist wohl eher abwegig. Dennoch – das hat sogar EZB-Präsidentin Christine Lagarde in einer schwachen Stunde zugegeben – ermöglicht das digitale Geld den Notenbanken mehr Kontrolle über die Geldströme als etwa beim Bargeld.
Fazit: Der digitale Euro hat steinigen Weg vor sich
Im Oktober 2023 soll nun final über die Einführung des digitalen Euro entschieden werden. Läuft alles so, wie sich die EZB das wünscht, könnte die neue Währung bereits im Jahr 2027 auf dem Markt sein. Bis dahin bleibt Geschäftsbanken, die um Konkurrenz durch die EZB fürchten, aber vor allem Datenschützern noch genug Zeit, dagegen zu lobbyieren. Doch wieder zurück nach Nigeria. Zwei Jahre nach Einführung des eNaira benutzen gerade einmal 0,5 Prozent der Bevölkerung die neue Währung. Die Akzeptanz lässt also zu wünschen übrig, weil die volle Anonymität nicht gewährleistet ist. Gut möglich also, dass sich auch die Aufregung über den digitalen Euro als bloßer Sturm im Wasserglas entpuppt.
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